Archive for the ‘Aktuelles’ Category
Im Großteil der Welt eine schon lange nicht mehr wegzudenkende Selbstverständlichkeit, in Sané der gefeierte Beginn einer neuen Zeit: die Versorgung mit elektrischer Energie hat in Sané Einzug gehalten. Übrigens ganz ohne unsere Beteiligung, das Geld für das „Programme national plate-formes multifunctionnelle“ (ein Entwicklungshilfeprogramm, bei dem im Wesentlichen ein Generator zur Stromerzeugung sowie eine damit verbundene Getreidemühle in Dörfern installiert wird) scheint vielmehr aus einer luxemburgisch-burkinischen Kooperation zu stammen.
Angeblich gab es bereits ab 1844 in Paris am Place de la Concorde die erste elektrische Beleuchtung eines öffentlichen Platzes mit Bogenlicht, 168 Jahre später freuen sich auch die Bewohner Sanés über die Vorteile des Stromes aus der Steckdose. „Wie in einer echten Stadt!“ sei es jetzt, erzählte mir Ablo ganz begeistert am Telefon. Schule, Marktplatz, katholische, evangelische sowie muslimische Kirche und auch das Dispensaire seien bereits mit Licht versorgt, viele Familien würden sich noch um einen Stromanschluss ihrer Häuser bemühen.
So sehr ich mich auch für die Bewohner Sanés und ihre neueste technologische Errungenschaft freue, muss ich doch zugeben, gerade auch wegen der fehlenden Elektrizität so gerne dort gewesen zu sein. Die allgegenwärtige Versorgung mit Elektrizität hat hier bei uns und in der restlichen Welt unzweifelhaft die Rolle eines gewaltigen wirtschaftlichen Motors gespielt und war für unsere Entwicklung in den vergangenen hundert Jahren von kaum zu überschätzender Bedeutung – und diese Rolle wird die Elektrizität hoffentlich auch mit großer Verspätung für Sané übernehmen – aber die sternenklaren Nächte ohne „Lichtverschmutzung“ in Sané waren für Besucher immer etwas ganz Besonderes. Ich werde sie vermissen.
In diesem Zusammenhang hab ich mir auch (mal wieder) die Frage gestellt, was ich mit meinem Engagement für Sané eigentlich bezwecken will. „Wohin“ soll sich Sané denn entwickeln? Ist es mein Ziel, dass irgendwann in naher oder ferner Zukunft alle Einwohner Sanés Kühlschrank, Waschmaschine, Fernseher und ein Auto etc. haben? Andererseits: was spricht dagegen? Ich würde ja auch nicht darauf verzichten wollen.
Cedric Price hat dieses Dilemma sehr nett auf den Punkt gebracht: „Technology is the answer – but what was the question?“
Zufälligerweise genau an dem Tag, als die Informationsveranstaltung in den Räumlichkeiten der Reformierten Stadtkirche in Wien am 5.10.2012 stattfand, wurde auch die Neue Mittelschule in Sané an das Dorf übergeben. Nun gibt es also eine 2. Schule in dem kleinen Dorf von Sané, nämlich ein sogenanntes „College“, für deren 4 Klassen noch rechtzeitig vor Schulbeginn ein symbolischer Schlüssel an den „Chef de Terre“, den Dorfältesten, feierlich überreicht werden konnte und somit dem Einzug des Schulalltags nichts mehr im Wege steht. Nach nicht einmal einem halben Jahr der Planungs- und Bauphase, konnte das neue Schulgebäude also schon Anfang Oktober unter zahlreich erschienenen und begeistert staunenden Gästen, welche aus der näheren Umgebung sowie aus der etwas entfernt gelegenen Hauptstadt herbei kamen, standesgemäß mit einem großen Fest eröffnet werden. Die erste Klasse konnte sofort voll in Betrieb genommen werden, aber auch die weiteren Klassen werden bald bis auf den letzen Platz gefüllt sein. Das Einzugsgebiet der neuen Schule ist wohl auch noch etwas größer als das der bisher schon weit überfüllten Grundschule in der ja bis zu 100 Kinder pro Klasse gleichzeitig unterrichtet werden, da Schulen generell und weiter führende, aufbauende Schulen im besonderen noch etwas sehr seltenes in den dünn besiedelten Regionen am Land von Burkina Faso sind.
Ablo hat uns Bilder von der Eröffnungsfeier geschickt:
Renate Moshammer hat ganz auf eigene Initiative 800 Euro gesammelt. Davon hat sie 300€ für neue Matratzen im Dispensaire und 500€ für einen Rollstuhl für Sipoko Sam, einem schwer gehbehinderten jungen Mädchen, gewidmet. Der Rollstuhl kostete dann sogar in der besten Ausführung deutlich weniger. Renate hat dem Vorschlag von Tambi zugestimmt, den Rest für medizinische Geräte auszugeben. So ist sich auch noch eine Aufbewahrungsdose für chirurgisches Besteck ausgegangen.
An Renates Aktion haben sich viele Menschen beteiligt: Die SchülerInnen von zwei höheren Schulen in Steyr, die SchülerInnen der 2. Klasse am BG Tanzenberg, der Seniorenkreis der Pfarrgemeinde Hermagor, mehrere Privatpersonen (aus der Pfarrgemeinde Pörtschach), die Firma Köhle-Heilmittel aus Velden und sogar ihre Pilates-Gruppe in der Pfarrgemeinde Pörtschach unter der Leitung von Frau Erika Rouchier. Tambi hat sich vor Ort um die Umsetzung und Übergabe gekümmert und uns auch gleich „Beweisfotos“ davon geschickt.
Ein großes Dankeschön an alle Beteiligten!
Jetzt im Kino und wirklich sehr zu empfehlen!
Am 5. Oktober ab 18h werden wir einen öffentlichen Informations-Abend veranstalten. Ort: Dorotheergasse 16, 1010 Wien (Gemeindesaal der reformierten Stadtkirche).
Geplant sind aktuelle Projektberichte mit Videos&Fotos, Reiseberichte, Pläne für die Zukunft etc., ein „Sané-Flohmarkt“ sowie Speisen und Getränke in gemütlicher Atmosphäre.
Alle Interessierten sind sehr herzlich eingeladen!
Zum Thema ‚was ist Hilfe?‘ hier ein kurzer Absatz aus einer Veröffentlichung des Instituts für Soziologie und Empirische Sozialforschung an der WU Wien. Der Report beschäftigt sich zwar mit der Flüchtlingsaufnahme in Kleingemeinden in Österreich, aber die folgenden Sätze scheinen mir eine gewisse Allgemeingültigkeit im ‚Hilfsbusiness‘ zu haben:
„Generell zeigt sich, daß Hilfe selten auf die Überwindung der Hilfsbedürftigkeit ausgerichtet ist. Meist wird die Asymmetrie zwischen Helfenden und Hilfsempfängern noch verfestigt, wird Hilfeleistung zu einem Degradierungsritual, das Abhängigkeiten perpetuiert. Die Beziehungen zwischen Helfenden und Hilfsempfängern sind so strukturiert, daß mit Hilfeleistungen (implizite) Reziprozitätsnormen verbunden sind, d.h. die Gebenden erwarten von den Nehmenden bestimmte ‚Gegenleistungen’ (demonstrierte Dankbarkeit, Anpassung, Arbeitsamkeit). Gibt es Verschiebungen in der Asymmetrie, reagieren die Helfer mit Abwehr, weil die Asymmetrie für die Helfenden bestimmte soziale Funktionen erfüllt (soziale Anerkennung, Ehre, Statusgewinn).“
Mir gefällt insbesondere der Gedanke darin, echte Hilfe sei auf die Überwindung der Hilfsbedürftigkeit auszurichten! Das sollte vermutlich immer im Blick behalten werden!
Ablo hat aktuelle Fotos vom Bau des Collège geschickt. Kaum zu glauben wie schnell jetzt alles gegangen ist. Das Fundament scheint schon fast fertig zu sein und selbst einige Mauern sind schon zu sehen.
Tambi hat uns einen recht detaillierten Kostenvoranschlag und Zeichnungen für das geplante Collège, die weiterführende Schule für die Schulstufen 7 bis 10, geschickt (hier zum downloaden klicken). 4 schlüsselfertige Klassen um ca. 37.000€ – allerdings noch ohne Lehrerhäuser, Latrinen, Brunnen, Küche etc.
Letzten Sonntag hat übrigens der Tischler Franz Grandits in Ö1 über sein Engagement in Burkina Faso (www.hilfedirekt.at) berichtet und dabei einige sehr brauchbare Tipps für die Umsetzung so eines Projektes gegeben. Unter anderem: auf jeden Fall noch den Preis nachverhandeln und immer erst nach Abschluss einer klar definierten Bauphase bezahlen. Das werden wir tun!
Heute ist eine interessante Besprechung eines neuen Buches auf Spiegel online zu finden. Daron Acemoglu / James Robinson: Why Nations Fail. The Origins of Power, Prosperity, and Poverty.
Zwei Zitate aus dem Artikel:
Warum sind die Menschen in Afrika so arm? Eine Frage, wie sie Kinder ihren Eltern stellen. Und zugleich eines der größten Rätsel der Menschheit. Für kaum etwas kennen Politikwissenschaftler und Volkswirte so wenige unstrittige Gründe wie für die ebenso hartnäckige wie extreme Ungleichheit zwischen den Staaten dieser Erde.
und dann, weiter unten:
Wobei es um die Faktoren, die den Wohlstand eines Landes dauerhaft mehren, in der Fachwelt relativ wenig Streit gibt. Entscheidend sind funktionierende gesellschaftliche Institutionen: unabhängige und faire Gerichte. Eine Verwaltung, die nicht allzu korrupt ist. Eine Regierung, die sich den Interessen des Volkes stärker verpflichtet fühlt als dem eigenen Wohlergehen. Schulen, in denen Kinder tatsächlich etwas lernen und nicht bloß verwahrt werden. Solche funktionierenden Institutionen schaffen eine gesellschaftliche Atmosphäre, in der Menschen einen Anreiz besitzen zu sparen und zu investieren, sich zu bilden und Innovationen hervorzubringen. Aus dieser Akkumulation von Kapital und Wissen entsteht dauerhaftes Wirtschaftswachstum.