Neues von den Mikrokrediten: eine unvollständige Zwischenbilanz

Jan
2014
06

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Fast zwei Jahre ist es nun her, dass wir begonnen haben, als „Pilotprojekt“ zinslose Darlehen für den Kauf von Saatgut an die Gärtner zu vergeben. Dabei sollten aus einem Gesamtkapital von zunächst 1000€ maximal 46€ pro Person und Darlehen für jeweils ein halbes Jahr vergeben werden. Zinslos und unentgeltlich sowie ohne echte Garantie gegen das Ausfallsrisiko – ausser einer schriftlichen Bürgschaft durch drei vom Kreditnehmer selbst gewählte Bürgen.
Zeit zu fragen, was aus den Darlehen geworden ist. Hat es funktioniert? Werden die Kredite zurückbezahlt? Wurde das Ziel erreicht (welches eigentlich)? Sollen wir das Projekt fortführen oder einstellen?
Laut Ablo wurden die Kredite bisher ausnahmslos von jedem Kreditnehmer und vollständig am Ende der Periode wieder zurückbezahlt. Die Gärtner fänden die Kredite auch sehr gut und bitten um eine Aufstockung des Gesamtkapitals, berichtet er. Eine sehr erfreuliche Rückmeldung. Gleichzeitig scheint es aber so zu sein, dass die vereinbarte Periodendauer von einem halben Jahr nicht wirklich funktioniert. Ablo erzählt, dass die Gärtner das Geld zwar am Ende der Kreditlaufzeit brav zurückzahlen, es sich aber gleich die selben Personen wieder ausleihen. Die Kreditlaufzeit wurde also sozusagen auf unbefristet verlängert – anstatt weiteren Gärtnern zugutezukommen. Hier besteht demnach definitiv Korrekturbedarf bzw. müssten wir die „Spielregeln“ vermutlich nochmal und besser kommunizieren.
Eine echte Bewertung der Wirksamkeit und des Erfolges ist im Moment jedoch nahezu unmöglich: Aus der Ferne lässt sich nicht überprüfen, ob die zinslosen Darlehen zu einer realen Verbesserung der Lebensbedingungen der Gärtner beigetragen haben. Dies würde sich aber selbst vor Ort schwierig gestalten – denn woran sollten wir das, mit vertretbarem Aufwand, eindeutig feststellen können?
Vor kurzem war ein bemerkenswerter, äußerst kritischer Artikel auf Spiegel online zu lesen, der die Wirksamkeit von Mikrokrediten als Mittel der Armutsbekämpfung und Entwicklungshilfe als völlig unwirksam darstellte. Es sei in den vergangenen 30 Jahren kein Nachweis erbracht worden, so wird mit Verweis auf wissenschaftliche Untersuchungen berichtet, dass Mikrokredite tatsächlich Armut reduzieren. Sollten wir aus solch doch recht eindeutigen, wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht auch unsere Konsequenzen ziehen?
Bei genauerem Durchlesen geht es in dem Artikel jedoch ausschließlich um Mikrokredite mit – zumindest teilweise exorbitant hohen – Zinsen (Jahreszinssätze von bis zu 195 Prozent) sowie Banken, die die Vergabe von Mikrokrediten schlicht als gewinnorientiertes Geschäftsmodell betreiben. Das ist bei uns eindeutig nicht der Fall. Gleichzeitig ist unser System aber ganz eindeutig nicht selbsterhaltend: Kreditausfälle und Verwaltungskosten würden das Gesamtkapital auf Dauer gesehen stetig verringern.
Im Vertrauen auf Ablos Rückmeldung bleibt somit positiv festzuhalten, dass die Gärtner die Darlehen gut finden, nachfragen und – bisher – auch ausnahmslos zurückzahlen. Die sogenannte Ausfallquote liegt also bei erfreulichen 0 Prozent. Aber ob unsere zinslosen Mikrokredite eindeutig besser sind als solche, auf welche Zinsen verlangt werden? Ob sie wirklich helfen? Es mag eine Portion Wunschdenken dabei sein.